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Geschichten
aus Oeventrop
Heimatgeschichtliches Ein schneller Überblick
1232 Erstmalige namentliche Erwähnung von Oeventrop (Overentrop )
Die Geschichte der Ruhrdörfer Oeventrop, Dinschede und Glösingen beginnt mit einer Urkunde vom 8. März 1232.
Da werden sie erstmals als Dörfer mit einem Rechtszusammenhang genannt. Als Overentrop, Dinterscede, Clusinchem.
1310 Einführung der "Dinscheder Mark"
1310 wurde ein Ordnungsgefüge eigener Art installiert: Die „Dinscheder Mark“. Dabei handelte es sich um ein Waldgebiet mit beachtlichem Ausmaß, welches gemeinschaftlich für die Schweinemast, die Viehhude und die Holzversorgung genutzt werden konnte.
Die „Dinscheder Mark“ wurde 1852 aufgelöst.
1517 Erster Schnadegang
1517 wurde der erste urkundlich erwähnte Schnadegang mit dem Kloster Rumbeck und der Freiheit Freienohl durchgeführt.
1766 Oeventroper Schützenbrüderschaft
Auszug aus einem Protokollbuch:
Verzeichnis der Schützenbruderschaft zu Dinschede
aufgeführt im Jahr des Herrn 1766
unter dem Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria
und des heiligen Nikolei Bischofs
Johannes von Hagel Confessarius in Rumbeck
Ob Anlass der Selbstschutz war oder die Schaffung einer Dorfgemeinschaft
mit kirchlichem Hintergrund, bleibt verborgen.
1786 Oeventroper Brauerei
Landwirt Josef Berens gründete die Oeventroper Brauerei. Die Brauerei wurde 1971 geschlossen.
1847 Bau der ersten Landstraße nach Arnsberg
Die erste Landstraße von Arnsberg über Uentrop nach Oeventrop wurde gebaut.
1857 Die "Rote Weh"
Durch die Ruhr-Epidemie, die „Rote Weh“, starben in den Ruhrdörfern in knapp 3 Monaten 88 Menschen.
1870 Bau der Eisenbahnstrecke durchs Ruhrtal
Der erste Zug fuhr am 18. Dezember 1871 durch Oeventrop.
1874 Gründung der Glashütte
1874 gründete der Fuhrmann Franz Spielmann aus Freienohl, nachdem die Waldglashütten nicht mehr wirtschaftlich arbeiten konnten, eine Glashütte auf der Kirchstraße. Diese kam in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so dass:
1886 Gustav Schönert aus Schlesien die Glashütte übernahm und
1931 die Glashütte den Betrieb einstellte
Um 1875 Gründung Bauunternehmen Kessler
1875 wurde durch Caspar Kessler die Bauunternehmung Kessler gegründet. Das Unternehmen errichtete eine Reihe wichtiger Bauwerke, beschäftigte ca. 100 Mitarbeiter und arbeitete bis ins Jahr 2000.
August Kessler
August Keßler wurde am 03.05.1875 in Freienohl geboren und ist am 11.09.1956 in Oeventrop gestorben. Er ist der Sohn von Caspar Kessler. Nach einer Lehre zum Maurer besuchte August Kessler die Baufachschule in Höxter. Nach der Hochzeit mit Antonia Dicke zog er 1904 nach Oeventrop. Zusammen mit seinem Vater Caspar und später mit seinem Sohn August wurden folgende Bauwerke realisiert:
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das Missionshaus und die Kirche in Oeventrop
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der Eisenbahntunnel in Glösingen
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das Krankenhaus in Arnsberg
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der Turm der Regierung in Arnsberg
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verschiedene Wohnhäuser
Industriebauten:
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die HIAG (später DEGUSSA) in Oeventrop
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die Westfälische Zellstoffindustrie in Wildshausen
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die VEW in Oeventrop
Später in den 50er Jahren in einer Arbeitsgemeinschaft mit der Fa. Spindeldreher, Hirschberg wurden arbeitslos gewordene Arbeiter der Hiag eingesetzt, um den Rundweg im Damberg und der Strummecke zu bauen.
August Keßler engagierte sich im Dorfleben. Er war zum Beispiel Feuerwehrhauptmann und auch ansonsten bei vielen Vereinen aktiv. Besonders erwähnenswert sind die von ihm überlieferten „Dönnekes“. Ihm zu Ehren wurde auf dem „Brandt“ eine Themenbank aufgestellt.
1881 Neubau der Dinscheder Brücke
2022 Abriss und Neubau der alten Brücke
2023 Neueröffnung der modernisierten Brücke
1886 Eröffnung Zellstoff-Fabrik Wildshausen
Die neu errichtete Zellstoff-Fabrik Wildshausen wird in Betrieb genommen.
Teilweise arbeiteten hier mehr als 200 Mitarbeiter.
Der Betrieb musste 1990 schließen.
1888 Das Gut Wildhausen geht in den Besitz der Familie Cosack über.
1893 Einweihung der evangelischen Kirche
1894 Einweihung des evangelischen Friedhofs
1899 Einweihung der katholischen Kirche
Bei schönstem Sonnenschein, aber auch bei dem schlimmsten "Sauwetter" und bei Eis und Schnee mussten sonntags die Menschen aus Oeventrop, Dinschede und Glösingen zur Kirche. Zuerst nach Arnsberg, später dann nach Rumbeck. Zu Fuß. Auf schlechten Wegen. Da wollten sie endlich eine eigene Kirche oder wenigstens eine Kapelle haben. "Nein, keine Kapelle, eine Kirche soll es sein!", predigte ihr Pastor Kaspar Berens in Rumbeck. Da haben die Menschen gespart und gespendet. Einer, der nach Amerika ausgewandert war, gab 1.000 Mark! Ein anderer gab den Bauplatz, ganz am Ende der heutigen Kirchstraße, im Zentrum der drei Ruhrdörfer. So kamen in kurzer Zeit 80.000 Mark zusammen. Der Architekt Güldenpfennig zeichnete eine schöne, große Kirche. Es wurde ausgeschachtet, 1898 wurde der Grundstein gelegt und schon im nächsten Jahr 1899 war die Kirche fertig. Die Firma Kessler hatte gute und schnelle Arbeit geleistet. Das war ein Festtag für die drei Ruhrdörfer. Es wurde gefeiert und im Gasthaus Berens gab es ein Festessen.
Aus "Frag doch mal den Riesen Hün. Geschichten über die Geschichte des Dorfes Oeventrop." von Ludwig Hoppe & Ida Stutzinger ISBN: 978-3-943973-63-1
Seit 2020 auch Lichter- und Zuspruchkirche
Eine weitere Nutzung des Gotteshauses ist seit 2020 möglich.
Die Kirche ist ganztägig geöffnet, sodass Menschen welche sich entspannen wollen, oder einfach nur die Schönheit genießen möchten sich den in unterschiedlichen Farben beleuchteten Altarraum anschauen können, oder sich an Gesängen und meditativen Texten erbauen können.
1900 Bau der Landstraße Oeventrop-Hirschberg-Warstein
1902 Einweihung des Missionshauses (Kloster Oeventrop)
Einweihung des Missionshauses der Hiltruper Herz-Jesu-Missionare.
Das Missionshaus wurde 1972 geschlossen.
24. Juli 1902, Donnerstagmorgen
Frühmorgens schnaufte die Dampflock in den Oeventroper Bahnhof. Viele Bürger und die Musikkapelle waren gekommen, um die Missionare und Studenten aus Hiltrup bei Münster zu empfangen und hinauf zum neuerbauten Kloster zu begleiten. Dort wollten sie jetzt wohnen, arbeiten und studieren. Es war für alle ein Festtag. Auch die Oeventroper waren stolz, denn jetzt hatte das kleine Dorf sogar eine Hochschule. Nach dem Studium wurden die jungen Männer zu Priestern geweiht und gingen als Missionare vor allem in die Südsee auf die Marshallinseln, aber auch ins ferne China, nach Chile und Peru.
Aus "Frag doch mal den Riesen Hün. Geschichten über die Geschichte des Dorfes Oeventrop." von Ludwig Hoppe & Ida Stutzinger ISBN: 978-3-943973-63-1
1905 Einweihung des katholischen Friedhofs
Einweihung des katholischen Friedhofs in Oeventrop. Vorher wurden die Toten in Rumbeck beerdigt.
Diese heimatkundliche Geschichte wurde von Rektor Karl Brüggemann erzählt und handelt in einer Zeit, in der Oeventrop noch keine eigene Kirche und keinen eigenen Friedhof hatte.
Das Betglöckchen von Dinschede
Der Ort zählte um 1900 etwa 2200 Einwohner.
Da gab es das Betglöckchen in Dinschede.
Die Oeventroper Katholiken mussten nach Rumbeck zum Gottesdienst. Sie wurden auch dort getauft und auf dem Friedhof beerdigt. Die Toten wurden mit dem Totenwagen über den Hasenacker-Totenweg nach Rumbeck gebracht.
Über die Totenglocke in Dinschede berichtete Herr Brüggemann Folgendes :
Sie tat kund, ob im Dorf jemand gestorben, beerdigt worden oder ob Feuer ausgebrochen war.
So berichtete er über die Glocke:
War jemand gestorben, so klang sie traurig „.Daut,daut, hi is daut“
(tot, tot, er ist tot)
Bei Feuer schrie sie: „Füer, Füer, it itt Füer“.
(Feuer, Feuer, es ist Feuer)
Wurde nun jemand in Rumbeck beerdigt, so klang es : „Hi is daut, daut, nun goh, goh“
(er ist tot, tot , nun geh, geh )
Die große Glocke in Rumbeck rief: „Nun kumm, kumm“.
(nun komm. komm)
1906 Herz-Jesu-Schwestern lassen sich in Dinschede nieder (Elisabeth Heim)
1909 Einführung der elektrischen Beleuchtung
Eine Erzählung von Rektor Karl Brüggemann.
Ein Gespräch zwischen einem Monteur und einem Oeventroper Bürger.
Der erste „Strom“ kam nach Oeventrop
Elektrizität war nun einmal was ganz Neues und etwas, dass der normale Bürger nicht kannte. Sicherlich hatte man davon schon gehört, aber wie so etwas funktionierte, wusste so recht keiner. Ob im Haus oder Stall, alles musste noch mit einer Petroleumlampe oder Kerze erhellt werden.
Nun waren auch bei uns in Oeventrop die ersten Masten gesetzt und die Isolatoren angebracht worden. Ein Monteur war nun dabei, sie zu verkabeln.
Da kam ein Oeventroper Bürger vorbei, der konnte sich auch so recht nicht vorstellen, wie so etwas funktionieren könnte.
Und so kam es zu folgendem Gespräch: „Sag mal, sind die Drähte hohl?“
"Nein", sagte der Monteur. Das ist eine Energie, die über einen Draht übertragen und geleitet wird. So können dann die Lampen leuchten." Aber das war nun nicht so einfach zu verstehen.
Nach einer kurzen Überlegung sagte dann der Mann, auf Plattdeutsch:
„Weuste, wenn die Dröhe nitt holl ßind, dann chläube ich nitt an
deune Kawupterizität.“
(Übersetzung: Weißt du, wenn die Drähte nicht hohl sind, dann glaube
ich nicht an deine Elektrzität)
Sicherlich gehört auch viel Phantasie dazu, so etwas zu erzählen, aber es hat auch etwas Uriges an sich.
1910 Anlage einer Wasserleitung
1910 Beginn Oeventroper Stuhlindustrie
Die Gründung der Firma Gierse & Penselin zur Herstellung von Stühlen und Sesseln leitet den Beginn der Oeventroper Stuhlindustrie ein. Diese Firma, welche später unter Sauerländer Stuhlfabrik firmierte, produzierte bis 1970.
Aus diesem Unternehmen gingen auch folgende Firmen hervor:
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1920 Die Oeventroper Stuhfabrik., gegründet durch Franz Weber, Heinrich Weber und Ferdinand Kossmann. Die Oeventroper Stuhlfabrik schloss endgültig 1986
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1920 Die Germania Sitzmöbel, gegründet durch Johannes Kraas, welche 1971 die Fertigung einstellte
Diese Firmen beschäftigten zusammen mehr als 300 Mitarbeiter.
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1966 wurde durch Vinzenz Eickel und Hans Hermann Spindeldreher die Fa. Eickel und Spindeldreher, Holz und Kunststoffverarbeitung gegründet
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2012 wurde das Unternehmen von der Wilms Gruppe in Menden übernommen. Beschäftigt werden ca. 80 Mitarbeiter
1938 Reichskirstallnacht in Oeventrop
Im Ortszentrum an der Kirchstraße, vor dem Gemeindebüro steht ein Mahnmal das an das Unrecht erinnert, welches den jüdischen Mitbürger*innen zugefügt wurde.
Das Mahnmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismusses in Oeventrop
Auf einer Bronzetafel werden die Daten aufgelistet und als Steelen dienen zwei Bahnschwellen welche symbolisieren sollen, auf welche Art die Menschen in die Vernichtungslager gebracht wurden. 21 Menschen konnten damals durch Auswanderung ihr Leben retten, während 12 Bürger*innen deportiert und ermordet wurden.
Siehe hierzu Bronzetafel.
Über mehrere Generationen lebten auf der Kirchstraße jüdische und deutsche Mitbürger/ innen in guter Nachbarschaft zusammen. Die jüdischen Familien u. a. Rosenberg, Ransenberg und Simon waren Geschäftsleute und Händler, betrieben Metzgereien und auch andere Geschäfte.
Da änderte sich durch die „Nazipropaganda“ welche Stimmung machte und Hass säte.
Den Höhepunkt fand das Ganze in der sogenannten „Kristallnacht“ am 09. November 1938.
Da verwüsteten aufgehetzte, im allgemeinen unauffällige biedere Menschen, die Wohnungen der jüdischen Mitbürgerinnen. Es kam zu schlimmen Excessen. Das war systematisch organisiert worden.
MÖGE SO ETWAS NIE MEHR PASSIEREN:
1975 Gemeindereform Arnsberg
Vielen Dank an Willi Linn für das zur Verfügungstellen der Informationen und Bilder.
Urkundliche Erwähnung
Bevölkerungswachstum
Oeventrop, Glösingen, Dinschede
Jahr | Bewohner |
---|---|
1535 | 157 |
1858 | 787 |
1871 | 1015 |
2021 | 6198 |
Oeventroper Kneipenkultur
Gastronomie in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
In Oeventrop existierten in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zu 25 Gastwirtschaften der unterschiedlichsten Art.
Unter anderem gab es Esslokale wie den Gasthof Becker, den Gasthof Berens, den Gasthof Dicke, das Kolpinghaus, den Sauerländer Hof, den Gasthof Spielmann, den Gasthof Schürmann (Lattenberg), den Gasthof Stemann, die Westfalen Schänke (Fam. Groos), den Gasthof Wrede, das Cafe und Restaurant Krewitt und das Haus Dinschede.
Es handelte sich um Gaststätten, welche auch gern von „Sommerfrischlern“ aufgesucht wurden. Besonders gern wurde zur damaligen Zeit der für unsere Begriffe höchst vornehme Gasthof Becker besucht. Dieser verfügte neben schönen Terrassen über einen gepflegten Park und einen romantischen Teich.
Es gab aber auch kleinere Lokale und Kneipen, wo Karten gespielt, allerlei Spaß veranstaltet und Kommunikation gepflegt wurde. Die Beliebtheit dieser Gaststätten zeigt sich an den liebevollen Bezeichnungen, wie z.B. Eichhörnchen-Bar, Moskau-Bar, Anni-Bar, Schulten Fifi, Möpfer und Affen-Bar.
Darüber hinaus existierten auch eine Reihe gut laufender Flaschenbierhandlungen, von den einige den Status einer Kneipe hatten; es brauchte niemanden zu dürsten.
Die Geselligkeit - und hin und wieder auch der Alkoholkonsum - wurden gepflegt.
Bis 1971 wurden fast alle Lokale durch die „Oeventroper Brauerei Josef Berens“ mit Bier beliefert. Die Brauerei wurde 1786 gegründet, musste leider 1971 aus wirtschaftlichen Gründen schließen. 1973 wurde dann das architektonisch ansprechende und zum Ortsbild gehörende Brauereigebäude an der B7 durch ein Mietshaus ersetzt.
Das gesellschaftliche „Kneipenleben“ ändert sich drastisch, auch in Oeventrop. Heute gibt es nur noch insgesamt 9 Wirtschaften bzw. Restaurants, abgesehen von den Pizzerien.
Zu den noch existierenden Lokalen gehört das Traditionsgasthaus Berens (jetzt Grillg(l)ut).
Dort wurde am 23.03.1906 von einigen Oeventroper Honoratioren die örtliche Abteilung des Sauerländer Gebirgsvereins (SGV) gegründet.
Die Möglichkeiten der modernen Kommunikation und z. T. auch die Vereinsgastronomie
veränderten die Formen des Zusammenseins vollkommen - fast eine Kulturrevolution.